1918 Ludwig Glowsky 1.1.3.4
Ludwig wird am 30.10.1918 in der Selmer Heide geboren. Von Beruf ist er Schneider, so wie viele andere in der Glowsky-Verwandtschaft auch. Im Nov. 1937 kommt Ludwig von Olfen zurück in sein Elternhaus und meldet sich am 01.04.1938 zum Reichsarbeitsdienst (R.A.D.) nach Lingen ab. Noch im selben Jahr wird er am 31.10. vom R.A.D. in Köln entlassen u. kehrt erneut zurück in die Selmer Heide. Am 15.11.1938 wird er zum Militär eingezogen (laut der Selmer Einwohnermeldekarte) nach Tilsit zum III. / I.R. 13 . In seinem Soldbuch (eine Zweitschrift) wird unter „Anschriften der nächsten lebenden Angehörigen“ nur seine Ehefrau Martha, geborene Griehl, Wohnort Lünen, Blücherstr. 57, vermerkt. Zudem habe ich von meinem kinderlos gebliebenen Onkel Ludwig ein Infanterie-Sturmabzeichen, seine Nahkampfspange und eine Ostmedaille der Winterschlacht 1941/42, geerbt, welche damals im Volksmund auch als „Gefrierfleischorden“ bezeichnet wurde. Ich möchte mit Nachdruck betonen, dass ich kein Militariersammler, sondern, ein im Jahre 1970, durch einen staatlichen Prüfungsausschuß in Dortmund, anerkannter Kriegsdienstverweigerer bin.
Als Ludwig endlich am 04.05.1948 aus der französischen Kriegsgefangenschaft entlassen wird, kehrt er zuerst in sein Elternhause zurück, weil er bereits darüber in Kenntnis gesetzt war, dass seine Ehefrau Martha schon einen anderen Mann hatte. In „seiner Nachkriegszeit“ zieht Ludwig (laut Meldekarte) viel umher, Lünen-Brambauer, Lünen-Süd, Herbern, Selm, Dortmund-Brüninghausen. Am 25.09.1952 zieht er wieder zu seinen Eltern in die Selmer Heide. Am 02. Januar 1956 zieht er in die Langestr. 52 in Selm und 11 Monate später in die Stahlwerkstr. 12 nach Dortmund. Eine zeitlang hat Ludwig in Lünen-Lippholthausen auf dem VAW-Aluminium Lippewerk gearbeitet, wo auch mein Vater beschäftigt war. Etwa 1958 muss es gewesen sein, da hat er in der Essniesche unserer 4-Zimmerwohnung im Lüner Geistviertel, Virchowstr. 97, gewohnt. Bei ihm habe ich überhaupt zum ersten Mal Annanas gesehen und gegessen, das war aber nur Dosenware. Ludwig hat mir zu meinem Erstaunen erzählt, dass Kriege nicht plötzlich „ausbrechen“, sondern sorgfälltig geplant und vorbereitet werden. Damals konnte ich das nicht wirklich glauben, weil das ganze Elend noch überall zu sehen war: zu Ruinen zerbombte Häuser in den Städten und Männer, soweit sie den Krieg überlebt hatten, liefen an Krücken, fuhren mit Versehrten-Fahrrädern durch die Straßen, oder mühten sich als beinlose Menschen, mit einem handbetriebenen 3-rädrigen Holzkarren ab, um halbwegs mobil zu sein.
Mein Onkel Ludwig, so glaubte ich als Kind, ahnte schon die Zukunft voraus. Er sprach von rollenden Bürgersteigen in großen Städten und war sogar der Meinung, dass Kleidungsstücke, wie zum Beispiel Hemden, in Zukunft so billig werden könnten, dass man sie gleich nach dem ersten Gebrauch wegschmeißen wird. KiK-Läden & Primark lassen grüßen! Vergleichbares, wie rollende Bürgersteige, habe ich im Flughafen-Gebäude von Palma de Mallorca gesehen.
Ludwig hat dann noch einmal in Dortmund „Tante Hedwig“ geheiratet und nach seiner zweiten Scheidung mit Anneliese Wanders in einer Partnerschaft gelebt. Er starb noch vor Erreichung der Rente an einem Hirntumor. Ich habe Ludwig sehr gemocht, er war mir wie ein guter Vater. Wir waren gemeinsam zu einer SPD Veranstaltung im Dortmunder Westfalen-Park, als Willy Brand sich anschickte Bunderkanzler zu werden. Zur „Nenntante“ Anneliese, unterhielten meine Frau Ulla und ich weiterhin einen guten Kontakt, bis auch sie unerwartet vor Erreichung ihres Rentenalters in ihrer Wohnung in Dortmund-Körne verstarb.